Mittagsposition: 34°06.27'N 075°52.87'W, Etmal: 118,0 sm. <p>
Die Überfahrt in der Übersicht.
Um Mitternacht hält mich ein Fischer voraus wach. Er hat, als er merkte, dass ich recht nah komme, sein AIS angeschaltet. (Warum nur schalten alle Fischer dieser Welt ihr AIS immer aus???) Dann kommt er in Sicht: Rot über Weiß – die Laternenfarben, so weiß ein jeder Seemann zu ergänzen:
Weiß über Rot: Lotsenboot
Rot über Weiß: So’nen Sch….
Rundum wetterleuchtet es. Das heißt: Höhengewitter. Und ich bin mir unsicher, wie weit die runterschlagen. Hier bei mir ist quasi Flaute. Fahrt bis knapp über 2 kn. Gut – dann kommt noch der Golfstrom dazu – das bringt dann 5 kn in die richtige Richtung. Nur: Lange, schön ausschlafen kann ich unter diesen Bedingungen nicht. Wann immer eine Böe oder gar ein Tunderstorm einsetzt muss ich blitzschnell draußen sein….
So klingelt es wieder. Um 01 Uhr. Muss gerade eingeschlafen sein! Hatte doch 30 Minuten programmiert!!?? Ooops – nein, es ist das Telefon: Peter ruft um 07 Uhr seiner Zeit an. Nun denn – irgendwann hätte mich auch mein Wecker hoch geholt. Und so hab ich alle Zeit der Welt für ein Schwätzchen!
Den Rest der Dunkelheit vergeht so weiter. Ein paar Minuten schlafen, Rundumschau. Im Nachhinein kann ich dann feststellen: Ich hätte die ganze Nacht durchschlafen können. Es ist nichts passiert!
Um 05:07 Uhr stehe ich gerade an der Reling, da springt der Wind an – aus komplett „falscher“ Richtung. Alle Wettermodelle liegen komplett daneben. Aber es bringt mich in die richtige Richtung. Also will ich nicht meckern. Dann setzt leichter Regen ein. Und die Temperatur fällt auf 27°. Ich hole die Fliesdecke raus!
Eine Stunde später kann ich dann nur noch „Ergiebiger Regen“ dazu sagen, was da draußen passiert. Aber das heißt dann auch entsalzen! Schön – nur zu früh! 20 Meilen vor Norfolk würde es mir besser passen! Hihihi!
Morgens um 7 ist die Welt dann in Ordnung, doch dann dreht der Wind immer mehr auf N bis NO und nimmt immer weiter ab. Den Tag über ist es döselig, aber mit dem Golfstrom geht es in die richtige Richtung. Nur – die Wettermodelle bekommen es ALLE nicht hin! Der Wind weht aus Ost. Je nach Modell soll er aus Nord, West oder Süd kommen, nur Ost sagt kein Modell!
Am Nachmittag fahre ich dann fast die Maersk Garonne über den Haufen! Der liegt da quer im Golfstrom und lässt sich nordwärts treiben! Da haben die aber ein Glück, dass just in dem Moment der Wind ein wenig dreht und RE in gehörigem Abstand (1,5 sm) passiert! Ich bin mir nicht sicher, ob da jemand auf der Brücke ist. Die wären ja vollkommen überrascht worden, wenn ich sie ramme!
Ein paar Stunden später dampft sie dann mit über 10 kn nordwärts an mir vorbei. Pause beendet! Und ich könnte dann schreien: Kaum ist die Sonne untergegangen, kommt Wind auf. Natürlich genau aus der Richtung, in die ich will. Warum kann nicht nachts Flaute und tags Action sein? So rechne ich hin und her. Wie drückt mich der Golfstrom? Wie hoch kann ich an den Wind. Wann muss ich wenden, dass ich nicht aus dem Golfstrom raus falle? Die grüne Kurslinie zeigt dann etwas außergewöhnliches: Re kommt auf einen Wendewinkel von 90°. Das macht der Golfstrom! Der drückt mich in die richtige Richtung. Sonst sind es mehr als 120° bei einer Wende.
Die nächste Wende bringt dann einen großen Schrecken: Der Backbord-Motor startet nicht! Oh weh! Schnell mit dem Steuerbord-Motor nachgeholfen. Zwei Motoren haben schon so ihren Vorteil. Und dann der Entschluss: Um dieses Problem kümmere ich mich morgen Nachmittag, da soll es fast Flaute geben.
Wie die Nacht weiter geht, berichte ich morgen – das ist dann ja alles nach Mitternacht!