PositionVor Anker: Playa del Medio, wie immer mit den Foil-Surfern und herrlich geschützt vor den Atlantik-Wellen.
Die zwei Highlights des Tages fallen zusammen: Michèle will eine Einkaufstour und Friseurbesuch mit einer längeren Wanderung verbinden. Und Kurt will mal mit dem Schlauchboot fahren.
Michèle berichtet!
Es ist mal wieder sehr von Nöten, dass ich mich etwas bewege und einige Vorräte könnten auch aufgefüllt werden. Aber am wichtigsten wäre ein Friseurbesuch. Also beschließe ich mich walkender weise nach El Medano zu bewegen. Entweder bringt Chrischan mich zum Strand oder zur verrosteten Leiter. Strand heißt wahrscheinlich nasse Füße, was für einen längeren Spaziergang Blasen bedeutet. Verrostete Leiter bedeutet etwas Akrobatik. Da ich das aber schon letztens gemacht habe, weiß ich, wie es geht und die Füße bleiben trocken (es sei denn die Leitersprossen brechen durch….). Also auf zur Leiter, hoch und Abmarsch…..allerdings komme ich nicht weit, da sehe ich einen Polizeiwagen auf mich zukommen. Na gut, vielleicht fährt er ja weiter. Nein, er wird langsamer, hält an und zwei Polizisten steigen aus und geben mir zu verstehen, dass ich zu ihnen kommen soll. Na toll, mal schauen wie ich mich hier durchlavieren kann.
- Was wollen Sie hier?
- Ich möchte nach El Medano zum Einkaufen. (Versuche eine dämliche Unschuldsmiene aufzusetzen).
- Ja, hier ist ein Industriehafen, keine Marina. Es ist verboten hier reinzukommen.
- Oh, das tut mir sehr leid, das wusste ich nicht. (wusste ich tatsächlich nicht. Gut, ich konnte es mir nach dem letzten Versuch zwar denken. Aber hey, wie sagte der Tinerfeño doch letztens: „aqui, nadie es prohibido“
- Sie müssen jetzt zurück.
- (Oha, sowas in der Art habe ich befürchtet. Dabei könnten sie mich doch gut mit dem Auto zum Ausgang bringen!) Oh, das ist doof, denn mein Mann ist gerade weggefahren. (Dabei ist der Honk zum Strand gefahren und steht jetzt etwas weiter entfernt am Zaun und schaut zu, wie seine Frau sich mit den Polizisten rumschlägt).
Nur der Polizist redet die ganze Zeit, auf Englisch. Die Polizistin steht daneben und schaut böse, sehr böse. Entweder kann sie kein Englisch oder sie ist die Untergebene und muss den Mund halten. Der Mann jedenfalls versucht sich immer wieder an einer bösen Miene, die aber immer wieder ins freundliche verrutscht. Nach mehreren Beteuerungen meinerseits wie Leid es mir tut, und dass ich das ja nicht wusste und es auch nie wieder tun würde, räumt der Polizist die Hinterbank frei und fordert mich auf Platz zu nehmen, sie würden mich jetzt mit zum Ausgang nehmen. (Hätte die Polizistin das Sagen gehabt, hätte ich zurück gemusst, und wenn ich hätte schwimmen müssen!) Also alles in allem sind sie doch sehr freundlich und, wie ich jetzt weiß, habe ich dort auch nix verloren. Allerdings stehen nirgendwo Verbotsschilder und da der Hafen ja noch im Bau ist, dachte ich, dass das nicht so schlimm sein dürfte. Was soll ich auch dort schon groß Böses machen? Eine Bombe werfen? Das wäre ja nur zu ihrem Vorteil: brauchen sie weniger auszuschachten!
Also gut, auf nach El Medano. Ich erreiche den Ort nach 75 Min. (Den Weg kenne ich ja jetzt.) Den ersten von mehreren Friseurläden, finde ich auch relativ schnell. Hoffentlich haben sie einen Termin frei. Keine weiteren Kunden im Laden. Ich darf rein und werde auch sofort bedient. Yeah!! Eine sehr freundliche Friseurin, Julia, färbt und schneidet mir die Haare. Das ganze geht relativ zügig und sehr angenehm vonstatten. Der Schnitt und die Farbe sind super, der Preis noch viel mehr: Nur 44 € !!!!! Und ein Trinkgeld will sie partout nicht! (In Deutschland zahle ich dafür locker das Doppelte, in Luxemburg noch mehr!) Jetzt noch schnell einkaufen und fertig. Nach dem Einkauf muss ich den Rucksack noch einmal kurz auf einer Bank absetzen, um die Waren umzusortieren. Dabei verheddert sich ein Gurt zwischen den Brettern der Bank. Fast schneller als ich das bemerke steht schon ein junger Spanier da und hilft mir die Schnalle hervorzuziehen! (Würde mir so in Deutschland in 1000 Jahren nicht passieren!)
Insgesamt also ein sehr positiver und günstiger Tag: kostenlose Taxifahrt, supergünstiger Friseurtarif und nette Hilfe.
Vor dem Strand angekommen, rufe ich Chrischan an und sage ihm, dass er mich jetzt am Strand und nicht mehr an der rostigen Leiter abholen soll. Dabei erzählt er mir, dass er sich das „Theater“ mit der Polizei vom Logenplatz aus angeschaut hätte. Der Vollhonk!!
Im Boot angekommen, entdecke ich Blutflecken….
Chrischan:
Bei Kurt kam der Wunsch auf, mal mit dem Dinghy ein wenig herumzufahren. E-Motor ist an und für sich einfach. Kein Starten, kein Leerlauf. Rechtsrum Gas: Vorwärts, linksrum: Rückwärts. Wenn man sich darauf einlässt, sich tief ins Boot zu setzen, dann ist die Gewichtsverteilung auch alleine ganz gut. Und wenn man mit der linken Hand Gas gibt und steuert, dann ist es auch recht einfach. Kurt möchte aber lieber „oben sitzen“. Diese Sitzposition ist nicht ganz so zusammen gekrümmt. Und er steuert lieber mit der rechten Hand. Nur: Er schafft es nicht, zur RE zurück zu kommen. Pirouetten würde ich von außen besehen dazu sagen. Ich mache mir erst mal eine schöne Schokolade. Und trinke sie. Mache ein paar Fotos. Er schafft es so bis auf 5 Meter, dann fängt das „Tanzen“ an. Der Wind drückt ihn weg. Irgendwann ist er dann 30, 40 Meter weg und gibt Gas. Dann kommt er wieder ran. Und irgendwann ist er doch da. Lässt sich überreden, sich doch anders herum hinzusetzen und auch nach unten zu gehen. Dann lässt er es krachen. Fährt zur Hafeneinfahrt und kommt zurück. Ist zufrieden mit seinem Ausflug. Vorleine mache ich fest und wiederhole meinen Sermon, den jeder über sich ergehen lassen muss, der aus dem Dinghy an Bord kommen will: Linke Hand über den Kopf, dann weißt Du die ganze Zeit, wo die Stange über Dir ist. Und rechte Hand an den senkrechten Pfeiler des Solarträgers. Das macht Kurt auch ganz kurz. Dann lässt er die linke Hand los und zieht sich mit Schwung am Pfeiler los. Ordentlich mit dem Fuß abstoßen. Nur: So ein leichtes Dinghy flitzt dann nach hinten, der Spalt zu RE wird groß, die Hand am Pfeiler zieht den Oberkörper Richtung RE, die Füße schwimmen mit dem Dinghy weg. Jetzt fehlt die linke Hand an der Stange über dem Kopf. Und Herr Isaac Newton schlägt zu: Der inzwischen fast waagerecht in der Luft liegende Körper beginnt mit einer unaufhaltbaren Abwärtsbewegung. Beim Versuch, nicht ins Wasser zu fallen schafft Kurt es zumindest ins Dinghy zu fallen. Doch nun erweist sich so ein kleines Beiboot als zu klein: Die Sitzbank ist im Wege und es kommt eine Drehung dazu. Er knallt mit dem Hintern auf den Boden und mit dem Kopf auf die Befestigung des Motors. Sofort schweißt es aus der Kopfwunde. Kopf und Oberkörper sind in Sekunden blutüberstömt. Jetzt ist er bereit, beide Hände an die Stangen zu nehmen und wir bekommen ihn blitzschnell an Bord.
Einen frisch gewaschenen und damit hoffentlich recht sterilen Lappen gegriffen und auf den Kopf gedrückt. Dann erst mal abduschen, dass ich unter dem ganzen Blut die Wunde finde. Ist recht klein. Ordentlich drücken, die Blutung stoppen und ich kann das erst Mal unseren reicht bestückten Notfall-Koffer nutzen! Die erste Gaze ist recht schnell durchblutet, aber dann kann ich ihn mit Stripe-Pflastern die Risse zusammenziehen. Die Blutung stoppt und ich kann Kurt in die Ecke setzen, ihm ein Bier geben und das Boot abwaschen.
Zwei Lehren ziehe ich: Das Inhaltsverzeichnis des Notfall-Koffers muss um einen Hinweis ergänzt werden, wo was ist. Ich habe die Stripe-Pflaster sehr lange suchen müssen, bevor ich sie in einer Seitentasche gefunden habe.
Und ich muss den neuen Crew-Mitgliedern das Aussteigen und Festhalten noch eindringlicher erklären. Der Hinweis, wo man sich günstig festhält reicht nicht.
Ach ja – noch vor Sonnenuntergang schaffe ich es, meine 1.500 Meter zu schwimmen. Und kaum bin ich an Bord, kommt Michèle auch zurück und will – dieses Mal lieber – am Strand abgeholt werden. Sie hat einen flotten Haarschnitt, ich darf es aber nicht fotografieren...
Ach ja - wie nennt man jemanden, der da unbefugt sich im Hafen rumtreibt? Ich habe erst an Landstreicher(in) gedacht...