Position um 19:15 Uhr (Kapverden-Zeit): 17° 52.7' N 029° 26.3' W
Heute Nacht hatte ich eine prima Funkverbindung. Das war bisher leider eher die Ausnahme.
Auf Kurzwelle gibt es rund um die Welt Landstationen, die zu einem System "SailMail" zusammen geschlossen sind. Als Funkamateur darf man die nutzen. Zunächst werden die Mails geschrieben, dann wird das Funkgerät angestellt und man schaut nach, welche Landstation auf welcher Frequenz die größte Wahrscheinlichkeit für eine Verbindung zu meinem jetzigen Ort bietet. Das war anfangs in Nordsee und Kanal, ja selbst in der Biskaya und noch auf dem Weg nach Madeira oft eine Station in Belgien. Dann wurde es immer besser, über Kanada zu gehen. Inzwischen sind Afrika und Trinidad die besten Stationen.
Wenn die Frequenz eingestellt ist, dann hört man erst man rein. Ist da schon Verkehr? Wenn es zwitschert und piept, dann muss man sich eine andere Frequenz suchen. In den letzten Tagen waren bei meinen Versuchen oft die belgischen und kanadischen Frequenzen belegt.
Inzwischen habe ich gelernt, dass meine Energiezentrale [Link auf Beitrag 2021 11 25 Entsetzen am frühen Morgen] es insbesondere nicht mag, wenn ich auf 10 Megahertz, also auf 10.000 kHz, sende. Die stört dann und wird im Zweifelsfalle auch heftig gestört. So schalte ich sie inzwischen ab, wenn ich funke. Das heißt dann im Gegenzug aber auch, dass wir in der Zeit keine 230 V haben.
Dann, wenn alles gut scheint, sage ich meinem Programm auf dem Computer: Sende!
Der steuert dann die Funke und ruft die gewählte Station. Bekommt er eine Antwort, dann beginnt der Verbindungsaufbau. Das machen die Geräte - zwischen Computer und Funke sitzt noch ein (Pactor4-)Modem - alleine. Das Modem macht aus den 0en und 1en des Computers dann Töne. Welche, das müssen die beiden Modems aushandeln. Da fiept und zwitschert es, da jault ein Ton rauf und runter und dann beginnt alles von vorne. Am guten Ende haben die beiden sich geeinigt. Und hier sind wieder ein, zwei Minuten ins Land - sorry, bei uns natürlich ins Wasser - gegangen.
Jetzt beginnt - nein noch lange nicht der Austausch der Mails. Nun sendet mein Gerät eine Liste an Mails, die es los werden will. Die Gegenseite akzeptiert und dann endlich, inzwischen sind bald drei Minuten vergangen, wird meine erste Mail "hochgeladen". Das ist die besonders spannende Zeit für mich, denn nach 30 Sekunden oder einer Minute bekomme ich dann die Geschwindigkeit angezeigt, mit der das nun und heute läuft. Quälend langsam empfinde ich alles unter 100 Byte pro MINUTE! Während an Land ja auch schon bei Handy-Verbindungen von Megabit pro Sekunde gesprochen wird, was natürlich dann noch mal durch 8 oder 9 geteilt werden muss, damit man Zeichen , also Byte pro SEKUNDE raus bekommt, ist es bei mir nun ca. 1 Million mal langsamer.
Wenn die Geschwindigkeit dauerhaft unter 100 Byte / min liegt, kann es passieren, dass die Landstation sagt, zu langsam und die Verbindung abbricht. Bei 100 - 150 Byte pro Minute bleibt die Verbindung bestehen, aber man kann sich ja mal ausrechnen, was eine (ganz kleine) Mail mit 500 Byte an Zeit braucht. Und dazu muss man dann bedenken, dass so eine Mail ja nicht nur aus den geschriebenen Zeichen besteht, sondern auch noch aus Absender, Empfänger, Wegeinformationen, Zeitinformationen. Das wird dann als "Overhead" bezeichnet. So kann man zu den Zeichen, die man geschrieben hat noch mal so 350 - 400 dazu rechnen. Das ist auch der Grund, dass ich immer und immer wieder bitte, keine Zitate, keine Signatur, nichts Unnötiges.
Wenn meine Mails alle raus sind und von der Landstation bestätigt, dann beginnt es von Neuem: Wieder verhandeln die Geräte, was nun am besten ist, die Landstation schickt eine Liste, was sie so hat. Und dann beginnt der "Download". Das Gute: Wenn eine größere Mail nicht komplett übertragen werden kann, dann wird bei der nächsten Verbindung, die auch über eine ganz andere Landstation gehen kann, nur noch der fehlende Rest übertragen.
Wetterdaten und hier bei der ARC Meldungen und Hinweise sowie Positionsreports aller Schiffe umfassen in der Regel 5.000 bis 25.000 Zeichen. Gut - da spielt der Overhead dann keine große Rolle mehr. Bei 200 Byte / min sind das dann 25 - 75 Minuten. Geht die Geschwindigkeit runter, dann …. Aber es gibt auch wirklich gute Verbindungen. Da bekommt man dann Geschwindigkeiten jenseits der 5.000 Byte pro Minute, das sind immer noch nur 670 bit/sec, verglichen mit den 10.000.000 bit/sec, die man auch schon ohne weiteres mit dem Handy erreicht! Aber hier bei mir herrscht dann große Freude. Sind die "großen" Mails dann doch in wenigen Minuten gesendet oder empfangen.
Und das war heute dann gerade mit einer 10.000 kHz Frequenz so. Warum gerade DIE mich so interessiert? Weil da irgend ein anderer Apparat bei uns an Bord das empfängt und "Laut gibt". Ich höre also nicht nur im Lautsprecher der Funke das Quietschen und Beepen, sondern auch irgendwoher im Schiff. Ob es der Induktionsherd ist? Das ist ja auch ein Apparat voll Elektronik. Nur normalerweise macht der nicht solche Geräusche. Und genau lokalisieren konnte ich das auch nicht… Deswegen nehme ich eigentlich lieber Frequenzen bis 8.000 kHz und solche ab 12.000 kHz. Aber die sind besetzt oder übertragen nicht so gut.